Leipziger Pfeffermühle
vom Sonntag, 9. Dezember 2018Spagat zwischen bitterböser Satire und guter Unterhaltung
Leipziger „Pfeffermüller“ bringen in Bad Blankenburg Licht ins geheimdienstliche Dunkel.
von Roberto Burian
Der Trend zur totalen Überwachung ist eigentlich nicht lustig. Es sei denn, die Kabarettisten der Leipziger Pfeffermühle ziehen gesellschaftliche Trends durch den Kakao. Mit beißendem Spott, ansteckender Musikalität und einer Prise Investigativität brachten sie am Sonntag in Bad Blankenburg endlich Licht ins geheimdienstliche Dunkel. 300 Besucher hatten Spaß mit der Abteilung „Horch und Guck“ bei gleichzeitigem Erkenntnisgewinn. Kein öffentliches WC ist ohne Kamera, kein privater PC ohne Staatstrojaner. Das Handy hört mit, das Auto sendet die Position und der Fernseher schaut ins Schlafzimmer, lautet die Botschaft der Protagonisten. Der Verfassungsschutz der modernen Art liest heimlich die E-Mails des Partners, ortet die Handys des Kinds und checkt per WhatsApp, ob unter der Bettdecke noch online gechattet wird. Die geheimen Dienste sind allmächtig, doch sie agieren im Verborgenen. Nicht fehlen durfte auch das Thema Zuwanderung mit der „Unterweisung“ eines syrischen Pächters durch einen deutschen Schrebergarteninhaber samt ausführlicher Erläuterung der „Freizeitlärmrichtlinie“ und Ähnlichem. Und natürlich forderte der Schrebergärtner Toleranz gegenüber Giftgaseinsätzen. Denn anders seien Nacktschnecken nicht zu bekämpfen. Und die Steinigung der Frau bittschön nicht innerhalb der festgesetzten Ruhezeiten. Bemerkenswert auch, dass schnell und unverkrampft tagesaktuelle Ereignisse wie der Sieg von Annegret Kramp-Karrenbauer, häufig auch mit ihren Initialen AKK genannt, der neuen Bundeskanzlerin in Spe eingebaut werden. Beißender Humor und Kritik treffen aufeinander. Zwischen Biss und Ironie gibt es Trompetensoli und die bitterböse Liedsatire „Alte Mütter“ („Alte Mütter haben Angst, sie wollen stets den Kaiserschnitt, und man macht, weil sie grad da sind, auch das Hüftgelenk gleich mit“). Und als Clou taucht eine Drohne als Friedenstaube getarnt aus dem Instrumentenkoffer des Geheimdienstes auf, die imstande ist, einen Peilsender auf das Wagendach zu koten. Die Leipziger vereinen politisches Kabarett und lockere Unterhaltung – alles cool swingend angetrieben von Trompeter David Hobeck und Marcus Ludwig am Piano.
Leipziger „Pfeffermüller“ bringen in Bad Blankenburg Licht ins geheimdienstliche Dunkel.
von Roberto Burian
Der Trend zur totalen Überwachung ist eigentlich nicht lustig. Es sei denn, die Kabarettisten der Leipziger Pfeffermühle ziehen gesellschaftliche Trends durch den Kakao. Mit beißendem Spott, ansteckender Musikalität und einer Prise Investigativität brachten sie am Sonntag in Bad Blankenburg endlich Licht ins geheimdienstliche Dunkel. 300 Besucher hatten Spaß mit der Abteilung „Horch und Guck“ bei gleichzeitigem Erkenntnisgewinn. Kein öffentliches WC ist ohne Kamera, kein privater PC ohne Staatstrojaner. Das Handy hört mit, das Auto sendet die Position und der Fernseher schaut ins Schlafzimmer, lautet die Botschaft der Protagonisten. Der Verfassungsschutz der modernen Art liest heimlich die E-Mails des Partners, ortet die Handys des Kinds und checkt per WhatsApp, ob unter der Bettdecke noch online gechattet wird. Die geheimen Dienste sind allmächtig, doch sie agieren im Verborgenen. Nicht fehlen durfte auch das Thema Zuwanderung mit der „Unterweisung“ eines syrischen Pächters durch einen deutschen Schrebergarteninhaber samt ausführlicher Erläuterung der „Freizeitlärmrichtlinie“ und Ähnlichem. Und natürlich forderte der Schrebergärtner Toleranz gegenüber Giftgaseinsätzen. Denn anders seien Nacktschnecken nicht zu bekämpfen. Und die Steinigung der Frau bittschön nicht innerhalb der festgesetzten Ruhezeiten. Bemerkenswert auch, dass schnell und unverkrampft tagesaktuelle Ereignisse wie der Sieg von Annegret Kramp-Karrenbauer, häufig auch mit ihren Initialen AKK genannt, der neuen Bundeskanzlerin in Spe eingebaut werden. Beißender Humor und Kritik treffen aufeinander. Zwischen Biss und Ironie gibt es Trompetensoli und die bitterböse Liedsatire „Alte Mütter“ („Alte Mütter haben Angst, sie wollen stets den Kaiserschnitt, und man macht, weil sie grad da sind, auch das Hüftgelenk gleich mit“). Und als Clou taucht eine Drohne als Friedenstaube getarnt aus dem Instrumentenkoffer des Geheimdienstes auf, die imstande ist, einen Peilsender auf das Wagendach zu koten. Die Leipziger vereinen politisches Kabarett und lockere Unterhaltung – alles cool swingend angetrieben von Trompeter David Hobeck und Marcus Ludwig am Piano.